Patrizia, die „Powerfrau“

Als Patrizia zu mir in den Beritt kam, hatte ihre Besitzerin schon immer ein mulmiges Gefühl in den  Sattel zu steigen. Denn die 11-jährige Araberstute hat nicht nur einen starken Körper: Nachgeben versuchte sie zu vermeiden, körperlich und mental.

Schon als Remonte war sie schwierig zu kontrollieren. Ausflüge ins Gelände waren immer ein waghalsiges Unterfangen, die dominante Stute zog sich an Kleinigkeiten auf und ging durch. Auch in der Halle raste sie im Galopp gerne los, Stürze der Besitzerin waren die Folge.


Wo ansetzen in so einem Fall? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Verspanntheit im Kopf und im Körper des Pferdes meist einher gehen.
So auch bei Patrizia: Auffallend war ihre sehr feste, harte Muskulatur am ganzen Körper und ihr starker, kurzer Hals. Als ich mit der Gymnastizierung begann, nahm sie das Gebiss nicht an. Sie biss sich fest und spannte den Unterhals stark an. Auch die vorwärts treibende Schenkelhilfe akzeptierte die Stute nicht, riss den Kopf hoch und trampelte hysterisch auf der Stelle – bevor sie dann nach vorne wegschoss. Auf die seitwärts treibende Hilfe reagierte sie mehr als unwillig.

Pferde, die Probleme haben nachzugeben, löse ich gerne über verstärktes Biegen im Schultervor auf der Volte. Dadurch kann ich vorsichtig verkürzte Muskelbereiche aufdehnen, ohne unnötige Konflikte. Die Stute gewöhnte sich so Schritt für Schritt an den seitwärts treibenden Schenkel. Auch für Patrizia war diese Übung nach Altmeister Baucher von großem Wert, sie schaffte es nach und nach, den Hals fallen zu lassen. Das Spannende: Löse ich auf diese Weise den Pferdekörper, bekomme ich in der Regel auch den Kopf entspannter.

Die Seitengänge halfen mir ebenfalls, den Hals der Stute flexibler zu machen und die Muskulatur zu lockern. Der Unterhals entspannte sich zunehmend – und im gleichen Zuge auch der festgehaltene Rücken. Die Seitengänge passte ich ihrer natürlichen Schiefe an. Da Patrizia grundsätzlich mehr Gewicht auf die rechte Schulter verlagert und auch versucht, über diese Schulter auszubrechen, ritt ich sie auf der linken Hand verstärkt im Konter-Schulterherein und Renvers. Auf der rechten Hand arbeitete ich viel im Schulterherein und Travers. So konnte die Stute zunehmend Balance und Körpergefühl entwickeln. In der Piaffe lernte Patrizia, mehr Last mit der Hinterhand aufzunehmen und die Hanken stärker zu beugen – anstatt mit steifen Gelenken ihrem Gewicht davon zu rennen. Den Galopp konnte ich durch viele Schritt-Galopp-Übergänge auf der Volte verbessern. Die Stute lernte dabei, ruhig anzugaloppieren – ohne Vollgas zu geben.


Inzwischen geht Patrizia alle Seitengänge im Schritt und Trab in schöner Selbsthaltung, galoppiert taktrein und ruhig.
Sogar die Zügel aus der Hand kauen lassen ist im Galopp auf der Volte möglich.
Der größte Erfolg: Patrizia springt nicht mehr aus den Ecken weg und geht durch, sondern arbeitet stets konzentriert mit, ist im Kopf bei mir. Die Besitzerin hat wieder Freude, ihr Pferd zu reiten: „Es ist so schön zu sehen, wie Patrizia sich entspannen lernt und mit ihrer Aufmerksamkeit bei mir bleibt,“ sagt sie. Die viele Arbeit in der Halle hat sich ausgezahlt: Auch Geländeritte sind heute nahezu entspannt möglich.

 

 

 

 

2016-11-19T10:57:30+00:00

Über den Autor:

YouTube aktivieren?

Auf dieser Seite gibt es mind. ein YouTube Video. Cookies für diese Website wurden abgelehnt. Dadurch können keine YouTube Videos mehr angezeigt werden, weil YouTube ohne Cookies und Tracking Mechanismen nicht funktioniert. Willst du YouTube dennoch freischalten?